VergedegMG #1 | Von Doppelkorn und lauwarmen Bier

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Morgengry @pixabay
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Disclaimer:
In der Reihe VergedegMG kommt es zu Sarkasmus und bewussten Übertreibungen. Dies dient nur der Unterhaltung und soll keine Personen oder Personengruppen beleidigen.

Willkommen zur ersten Folge von „Verbrechen gegen den guten Musikgeschmack“! Schon zu Beginn möchte ich euch, liebe Leserinnen und Leser nicht mit den absoluten Abgründen der Musiklandschaft verschonen. Heute dabei:
– Fips Asmussen singt noch schlimmer als er Witze erzählt
– Trucker-Romantik von den Amigos
– Ein Kinderlieder-Star versucht sich am Sauf-Partyschlager
– Ein Schlager-Futzi angelt sich ein Klingelton-Maskottchen
– Und Rocker auf Abwegen: Status Quo zeigen keine Schmerzgrenze

Fips Asmussen – Ein Korn im Feldbett (1976, Single)
Das eine oder andere Mal stolperte ich schon über die Flachwitz-Gewitter der norddeutschen Humorbremse Fips Asmussen. Jedes Mal war ich entsetzt dass sich immer wieder eine so große Anzahl an Menschen vor Lachen den Bauch hält, während Asmussen die schlimmsten Schenkelklopf-Kalauer vom Tiefsten Mittelalter bis heute zu besten gibt. Jedes Mal stellte ich mir die Frage ob es eine schlimmere Zumutung geben könne, als Fips Asmussen beim Witze erzählen zuzuhören. Wie sich herausstellte, hätte ich den Mund nicht so voll nehmen sollen. Fips Asmussen beim Witze erzählen mit Musikuntermalung unterbietet nochmal alles. Wie im sonstigen Bühnenprogramm wurde auch hier einmal alles zusammengeworfen was das Stammpublikum begeistert: Sexismus, Selbstdarstellung und einen Spruch flacher als der andere. Einziger Stilbruch: dieses Mal gibt es arhythmischen Sprechgesang. Supi, jetzt wirkt das normale Stand Up-Programm im Verhältnis ja schon fast erträglich. Das Livepublikum ist spürbar begeistert und klatscht tüchtig Beifall, ebenso ich, aber eher mit der flachen Hand auf die Stirn. Natürlich wird dann einmal ordentlich in den Klischees gebohrt: Die Frau zuhause ist sauer, der Polizist hält Fips in seinem Auto an, worauf ihm ein außerordentlich schlagfertiger Spruch über die Lippen kommt und nach dem 3. Liter Doppelkorn wird das neue Bühnenprogramm verfasst (Gut, letzteres wurde nicht besungen, sondern lässt sich nur erahnen, aber seien wir ehrlich, anders lässt es sich nicht erklären). Um aber auch mal etwas Positives loszuwerden: Das Stück eignet sich hervorragend um Menschen vom Alkoholismus wegzubringen. Vielleicht sollte in Grundschulen das Stück mal vorgespielt werden mit den mahnenden Worten: Wenn ihr trinkt, endet ihr wie Fips – Eine deutlichere Warnung kann mal nun wirklich nicht aussprechen.

Die Amigos – Der Himmelstrucker (2006, …durchs Feuer)
Dass die Amigos seit jeher tiefsinnige Texte verfassen und diese mit der Unterstützung von Bernds engelsgleicher Stimme dann die Welt zu einem besseren Ort machen, das ist ja schon lange bekannt. Aber mit dem Himmelstrucker haben sich die Amigos ein Denkmal gesetzt. Im selben Jahr, in dem die Amigos nach gerade mal 36 Jahren ihren großen Durchbruch in Achims Hitparade hatten, wurde auch der Himmelstrucker veröffentlicht. Der Inhalt ist schnell zusammengefasst: Trucker sind so filigrane und zarte wie auch weltgewandte und denkerische Geschöpfe, dass sie unabhängig von ihrem sonstigen Leben ein First Class-Ticket in den Himmel verdient haben. Vermutlich per Express-Versand in einem 40-Tonnen DAF gen Paradies. Dort angekommen wird natürlich das gemacht, was sich jeder für sein Leben nach dem Tod wünscht: Trucks im Himmel fahren. Für den Otto Normalverbraucher mag das befremdlich wirken, aber dieses Stück hat eine geradezu philosophische Tiefe und wirft die Fragen auf, die sich sonst kein Dichter und Denker je zu fragen wagte:

Gibt es beim Allmächtigen eine eigene Variante der Trucker Babes?

Wie sind wohl die Rasthöfe auf der A69 von Castrop-Rauxel nach Garten Eden?

Haben die Himmelstrucker ihre eigene Gewerkschaft, falls Petrus die Gehälter kürzen will?

Und am allerwichtigsten: Holt sich Satan im Gegenzug die Amazon-Boten? (Zugegeben hätten diese dann einen deutlich sympathischeren Arbeitgeber.)

Fragen über Fragen, und wohlmöglich haben nur Hessens Antwort auf Freddie Mercury und Jimi Hendrix in ihrer unendlichen Weisheit eine Antwort. Seien wir also gespannt, was die beiden uns noch über das Leben im Wolkenreich erzählen werden. Ich für meinen Teil bin schon gespannt wie ein Flitzebogen was die Kanalarbeiter, Fischverkäufer und 9Live Moderatoren so nach dem Tod erwartet – vielleicht eine Hommage von den Amigos.

Bierkapitän feat. Markus Becker – Bierkapitän (2019, Bierkapitän)
Darf ich vorstellen: Markus Becker. Sein optisches Markenzeichen ist ein roter Cowboyhut und sein akustisches ist ein grottiger Gesang. Der eine oder andere dürfte sich an die Kinderfaschings-Klassiker Hörst du die Regenwürmer husten, Die Bunte Kuh oder die gesungene Kriegserklärung an Trommelfell und Gehirnzellen: Das rote Pferd erinnern. Ach ja, und der eigentliche Interpret Bierkapitän alias Richard Beer ist auch dabei. Bei ihm reichte es bisher nicht für solche Erfolge, aber hey, ein Duett mit Markus Becker ist doch schon deutlich mehr, als man dem lauwarmen Kölsch-Leichtmatrosen zutrauen würde. So gesehen: respektable Leistung.
Nachdem Markus Becker nun also die unschuldigen Kinder erst mit billigen, aber textlich harmlosen Liedern angefüttert hatte, wollte er ihnen nun zeigen was der Ballermann ist. Zumindest textlich, denn in dem dazugehörigen Musikvideo hat es anscheinend nur für das Schiffs-Klettergerüst im nächstbesten Spaßbad gereicht. Das dynamische Duo des Grauens muss den Party-Statisten wohl etwas deutlich härteres als nur Bier gegeben haben, anders ist nicht zu erklären, wie erwachsene Menschen mit stolz in den Augen, breitem Grinsen auf den Lippen und wilden Zappelbewegungen durch die Gegend hüpfen wie Fünfjährige, wenn der Weihnachtsmann an der Tür klopft. Interessant ist allerdings dass die Etiketten der Getreideplörre-Flaschen zensiert wurden, anscheinend hatte eine Brauerei Angst, dass ihr Aktienkurs nach dem Video in den Keller geht. Falls sich nun jemand von der Beschreibung angesprochen fühlt und das Stück unbedingt mal selbst anhören möchte: auf dem offiziellen Kanal „Kinderlieder mit Markus Becker“ ist das Stück in seiner vollen Gänze zu bestaunen. (Ich wünschte das wäre nur ein Witz, ist aber bittere Realität)

Schnuffel feat. Michael Wendler – Häschenparty (2008, Ich hab‘ Dich lieb)
Das Jamba Sparabo ist wohl vielen Zwischenzeitlich entfallen, aber gute Neuigkeiten: ich erinnere euch doch gerne noch einmal an die Klingelton-Meisterwerke der Prä Smartphone-Ära. Aber keine Ursache, ihr könnt mir später danken. Neben Mauli dem Maulwurf oder dem Crazy Frog hat sich auch besonders Schnuffel der Hase gegen den Willen der Zuschauer in die Hirne eingebrannt. Die meisten Stücke von Schnuffel sind schlicht hochgepitchte Liebeslieder mit seichtem Sound. Ein Stück sticht dann aber doch nochmal hervor, nicht zuletzt wegen dem musikalischen Gastbeitrag…
2008 war Schnuffels großes Jahr, nicht nur kam das Debutalbum auf Platz 11 der Charts (in Österreich sogar auf Platz 1… warum auch immer), sondern es kam auch das einzige Duett in Schnuffels Karriere zustande, zusammen mit dem Quell der Weisheit in Person: Michael Wendler. Ironischerweise ist eine weitere Zusammenarbeit mit Schnuffel jetzt wohl ein Karrieresprung für den Wendler morden würde. Sonst eher kitschig-ruhig, ist hier regelrecht Disco angesagt – Im dazugehörigen Video sogar mit leicht bekleideten Tänzerinnen zu den animierten Häschen… regelrecht surreal. In seinem Part gesteht Wendler dem Schnuffelbunny seine unendliche Liebe gesteht. Ja, einem animierten Hasen, der für 4,99€ als Klingelton gekauft werden kann. Aber Moment, laut Hörspielreihe ist Schnuffel ja männlich und passt damit ja eigentlich nicht ganz in das Beuteschema des Verschwörungstheoretikers. Andererseits dürfte mit einem Blick auf Laura das Alter des Häschens wieder sehr ansprechend für den Schlagerpoeten sein. Was auch immer, egal wie man den Wendler nun bezüglich des Stücks kritisieren möchte, es war immer noch seriöser als alles, was er mittlerweile macht.

Status Quo – Mystery Island (2013, Bula Quo!)
Bei diesem Stück kann es einem die Kinnlade runterklappen lassen: Status Quo versuchen sich an Südsee-Schlager? Es ist kaum zu glauben dass es sich um die selbe Band handelt, die Hits wie Caroline, Whatever You Want oder In the Army Now herausgebracht hat. Hier hingegen hat man als Hörer eher das Gefühl, dass jeden Moment Heino mit einer Gruppe Hula-Tänzerinnen hinter den Palmen hervorkommt. Wie konnte es nur dazu kommen? Nun, Gitarrist Rick Parfitt erklärt es sich damit, dass man viele Tracks des Albums erst versteht, wenn man den dazugehörigen Spielfilm gesehen hat. Nach dem Anhören dieses Tracks dürfte nun jedem Angst und Bange sein, was für einen Film dieses Stück als Soundtrack diente. Das Traumhotel Hawaii? Die Kinoversion des Traumschiffs? Nein, der Film trägt den Namen Bula Quo! und hat Status Quo in den Hauptrollen vertreten. Der Plot im Schnelldurchlauf: Status Quo beobachten auf Fidschi einen Mord, daraufhin machen die Mörder Jagd auf die Band. Platter Slapstick und peinliche Sprüche sind dabei inklusive. Tatsächlich ist Parfitts Ausrede nicht überzeugend, denn der Film kam bei der Presse ebenso schlecht an, wie der Soundtrack (27% auf Rotten Tomatoes und 3,8/10 auf IMDb!). Mystery Island ist hier der Tiefpunkt eines ohnehin sehr zweifelhaften Vergnügens. Status Quo haben sich leider einen schlechten Ruf damit gemacht neue Alben anzukündigen, dann aber lediglich die alten Hits neu einzuspielen. Auch auf Bula Quo! ist das teilweise der Fall. Zumindest scheinen Status Quo ihre Lektion auf diesem Album gelernt zu haben und werden uns in Zukunft von einer Neueinspielung von Mystery Island verschonen.

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