Andrew Hurley @Flickr (CC BY-SA 2.0)
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Die Wurzel von Level 42 gehen zurück auf die Band M, Insgesamt eher ein Soloprojekt von Robin Scott, als ein ebenbürtiges Bandprojekt. In seiner Begleitband versammelte er bereits einige Musiker der später auf der Isle of Wight gegründeten Band Level 42. Unter der Leitung von Mark King und Mike Lindup spielte die Band zunächst Jazz-Funk und später dann New Wave mit Sophisti-Pop-Einflüssen. Mit ihren Synthie-Klängen entsprachen sie voll und ganz den 80er-Popgruppen und schafften es dennoch sich gekonnt von ihren Kollegen abzugrenzen. In den 90ern kehrten sie zunächst zu ihren Jazz-Funk-Wurzeln zurück und versuchten sich nach einer Bandpause bei ihrem Comeback 2006 sogar an härteren Klängen. Zudem entwickelten sich Level 42 zu sehr zuverlässigen Live Album-Lieferanten.
TOP 5 zum ersten Reinhören:
Pop Muzik (1979, New York-London-Paris-Munich)
43 (1981, Level 42)
Hot Water (1984, True Colours)
Lessons in Love (1987, Running in the Family)
Running in the Family (1987, Running in the Family)
Staring at the Sun (1988) – 2,0/10: Reinfall!
Da ist er wieder, der berühmte Flug des Ikarus. Nach dem überragenden Vorgänger wollte die Band den Erfolg wiederholen und ging damit gehörig baden. Neben maßlos überladenen Songs wie „Heaven in My Hands“ oder dem Titelstück, gibt es hauptsächlich sehr dröge Stücke. Völlig seelenlos und bemüht radiotauglich stümpern Lieder wie „I Don’t Know Why“ oder „Man“ vor sich hin. Die einst so charakteristischen Synthesizer klingen hier billig und zuweilen kitschig. Bei „Take A Look“ und „Over There“ versucht die Band locker zu klingen, schafft das aber nur bei „Tracie“. Auf letzterem tropfen die Synthies eher über das Stück, als dass sie es komplett tragen, die einzige originelle Idee des Albums. Damit bleiben noch die weichgespülten Pop-Rocker „Silence“ und „Two Hearts Collide“ übrig – beide kaum der Rede wert.
TOP: Tracie
Guaranteed (1991) – 2,2/10: Reinfall!
Auf Guaranteed wirken Level 42 als hätten sie ihr gesamtes Können verloren. Was früher sehr mühelos klang, wirkt im Jahr 1991 sehr konstruiert. Von dem mitreißenden New Wave ist nichts mehr zu spüren, geschweige von dem Jazz-Funk der frühen Werke. Zumindest geriet das Album über weiter Strecken härter als der direkte Vorgänger „Staring At The Sun“, was besonders bei dem Titelstück, „The Ape“ oder „Her Big Day“ deutlich wird. Weiterhin wurde sich an neuen Wegen probiert: bei „Seven Years“ am Soul, bei „Lasso The Moon“ an exotischen Klängen. Aber alles geriet schlicht zu handzahm und damit zu langweilig. Hinzu kommen dann noch die ganzen schmalzigen Balladen („A Kinder Eye“, „She Can’t Help Herself“, „With A Little Love“) und das möchtegern-intellektuelle „My Father’s Shoes“. Allesamt Stücke, die verdammt billig klingen. Allerhöchstens der Dancerocker „Set Me Up“ kann das Niveau noch etwas halten. Insgesamt damit allerdings viel zu wenig, Level 42 wurden zu einem Schatten ihrer selbst.
TOP: Guaranteed
Famous Last Words (M, 1982/1998) – 2,8/10: Reinfall!
Ein Album mit einem schwierigen Start, denn obwohl es bereits 1982 fertiggestellt wurde, erschien es erst 1998. Wirklich etwas verpasst hat die Welt in der Zeit nicht, denn auf Famous Last Words übernahm sich Robin Scott maßlos. Er versuchte ein Album im Format seines Idols David Bowie aufzubauen und scheiterte mit dem Anspruch. Scott bemühte sich zu krampfhaft massentauglichen Pop mit komplexen Melodien und sozialkritischen Texten zu kombinieren, was zu Gurken wie „The Bridge“ oder „Here Today, Gone Tomorrow“ führte. Bei „Honolulu Joe“ wurde das durch den Titel gerechte tropische Klänge ergänzt, was aber auch nichts mehr rettet. Tiefpunkt ist das seltsame „Dance on the Ruins“ (Klarer Fall für VergedegMG!), insbesondere durch den verfremdeten Gesang. Aufatmen kann man dafür aber bei dem lässigen Dancetrack „Doubletalk“ und das vom Industrial inspirierte „Yellow Magic“. Der Rest driftet in belanglose Mainstreamrock-Massenware ab.
TOP: Doubletalk; Yellow Magic
The Official Secrets Act (M, 1980) – 3,2/10: Zwiespältig!
Das zweite Studiowerk von M wird deutlich kontroverser diskutiert als sein Vorgänger. Dennoch markiert The Official Secrets Act einen sehr wichtigen Punkt: M waren keine Disco-Band mehr und konnten sich von nun an einen Namen als Rockband machen. Hinzu kam dass man sich zuvor zwar mal an spacigen Klängen ausprobiert hatte, nun aber deutlich häufiger damit experimentierte. Nach einem solide, aber leider zu langen Intro (Transmission), beginnt eine ziemlich holprige Reise. Die Band probierte mehrfach Weltmusik mit futuristisch anmutenden New Wave zu kombinieren, was mit „Working for the Corporation“ und „M’aider“ gehörig nach hinten losging und teils sehr peinlich ausfiel. Anderes klingt sehr bemüht und nicht gekonnt, wie die New Wave Stücke „Join the Party“ und Keep It to Yourself“. Ebenso die Single, auf die gesetzt wurde: „Official Secrets“, die mit ihren vielen Tempiwechsel viel zu hektisch ausfiel. Pluspunkte gibt es für das bissige „Your Country Needs You“, das als Leadsingle deutlich mehr getaugt hätte. „Maniac“ klingt mit seiner düster-robotischen Atmosphäre wie der Soundtrack zu einem Dystopien-Film und zuletzt kann „Relax“ mit seiner spannungsgeladenen Art punkten. Hierfür wurde sogar das Dublin Symphony Orchestra engagiert. Übrig bleibt noch „Abracadabra“, das viel zu krampfhaft versucht trance-artig zu sein. Es ging haarscharf am Totalflop vorbei, doch die wenigen Lichtblicke konnten das Album gerade so retten.
TOP: Your Country Needs You; Relax; Maniac
Retroglide (2006) – 3,7/10: Zwiespältig!
12 Jahre nach dem letzten Studiowerk meldeten sich Level 42 zum bislang letzten Studiowerk zurück. Das Ergebnis ist im Anbetracht auf die Wartezeit ziemlich ernüchternd. Zwar ist Retroglide definitiv nicht schlecht, aber dennoch liegt es weit hinter den Erwartungen. Mitunter wird es viel zu hektisch wie bei „Dive into the Sun“ oder „Sleep Talking“. Anderes wirkt ziemlich halbgar und unschlüssig. „Rooted“ beispielsweise pendelt zwischen Härte und Lässigkeit oder „Just For You“ zwischen Synthierock und Ballade. Auch das Titelstück muss unter seiner Hektik leiden, während „Clouds“ das gegenteilige Problem hat: Es wirkt schon fast wie ein Schlaflied. Ebenso blutleer geriet dann auch „Ship“. Punkten können auf jeden Fall das geschmeidige „All Around“ und das unbeschwerte „Hell Town Story“. „The Way Back Home“ fällt leider dann wieder ab.
Zu schade, denn der glattere Sound hätte durchaus Potential gehabt.
TOP: All Around; Hell Town Story
Standing in the Light (1983) – 5,0/10: Gelungen!
Standing in the Light markiert einen wichtigen Wendepunkt in der Bandgeschichte. Die Jazz-Funk Klänge wurden fast komplett rausgeworfen, stattdessen setzte man auf zeitgemäßen Synth-Pop. Das sorgte leider dafür dass viele Stücke wie „Micro-Kid“ oder „People“ wie Massenware klingen, die man schon viel zu oft woanders gehört hat. „A Pharoah’s Dream“ hingegen klingt sehr konstruiert und dementsprechend fehlt die nötige Leichtigkeit. Dennoch sind einige respektable Hits enthalten: Da wäre natürlich der lockere Dancetrack „The Sun Goes Down“, der wunderbar eingängig daherkommt. Außerdem können „Dance On Heavy Weather“ und das kühle „Out of Sight Out of Mind“ kräftig punkten. Und auch das Titelstück ist mit seiner Nightlife-Atmosphäre ein echter Hingucker. Übrig bleiben nur noch „The Machine Stops“, eine Hommage an die gleichnamige Sci-Fi-Geschichte, die leider arg unter ihren Möglichkeiten bleibt und das sterile „I Want Eyes“… mal ganz ehrlich was dachte man sich bei diesem Namen? Das klingt eher nach einem Horror-Lied von Cannibal Corpse oder dergleichen!
Das Album profitiert von der 80er-Nostalgie, ansonsten geht es haarscharf an der Zwiespältig-Kategorie vorbei.
TOP: The Sun Goes Down; Out Of Sight Out Of Mind; Dance On Heavy Weather; Standing in the Light
Strategy / The Early Tapes (1982) – 5,5/10: Gelungen!
Das eigentliche Debut der Band wurde erst zwei Jahre nach Fertigstellung veröffentlicht. Im direkten Vergleich zum Vorgänger macht das auch durchaus Sinn, auch wenn dieses Werk seine Qualitäten hat. Schwierig sind hier vor allem die Synthesizer-Experimente unter denen die sonst recht schmissigen Stücke „Sandstorm“ und „Theme to Margaret“ ziemlich leiden. Ein missglücktes Experiment war auch die Kreuzung von Jazz-Pop und Weltmusik auf „88“. All das lässt sich natürlich damit entschuldigen dass die junge Band noch in ihrer Findungsphase war und dementsprechend sind die Highlight noch erfreulicher. „Love Meeting Love“ besticht durch den Smooth Jazz-Sound und wurde als Single veröffentlicht. Ebenso „Wings of Love“, bei dem seichte Funk-Rhythmen zum Einsatz kamen. Neben dem locker-beschwingten „Autumn“ punktet auch die Instrumentalarbeit der Band. Mit „Woman“ ist ein ebenso flottes wie verspieltes Instrumental und kann locker mit späteren Großtaten mithalten. Das zweite Instrumental „Mr. Pink“ bleibt leider trotz des hohen Tempos ziemlich blass. Damit ist es zwar kein Überalbum, aber trotzdem grundsolide.
TOP: Love Meeting Love; Autumn; Wings of Love; Woman
Forever Now (1994) – 6,5/10: Gelungen!
Nach den beiden schwierigen Vorgängern war es an der Zeit eine neue Taktik auszuprobieren, diese war in dem Fall: Zurück zu den Wurzeln! Ja, man mag es kaum glauben, aber der Jazz-Funk war wieder zurück und mit dem genialen Feel-Good-Titeltrack wurde noch 1994 ein wahrer Klassiker der Band geschaffen. Ebenso „Model Friends“, das trotz der Jazz-Einflüsse sehr eingängig geriet. Nach diesen beiden Stücken wird es etwas schwierig auf dem Album, aber die Band hatte es definitiv aus ihrem Kreativ-Tief herausgeschafft. „Tired Of Waiting“ und „All Over You“ sind zeitgemäße Dancetracks, nicht schlecht, aber eher weniger was für Rockhörer. Deutlich mehr punkten kann da „Romance“, bei dem die Band ihr Gespür für gute Balladen wiederentdeckte. Ähnliches gilt auch für „Talking In Your Sleep“. In den kitschigen Bereich driftete es dann erst mit „Love in a Peaceful World“ ab (wie man dem Titel unschwer entnehmen kann). Ein Kuriosum bildet dann das seltsame „Billy’s Gone“, das man sich am besten einfach mal erspart hätte. Entschädigung bieten zum Schluss dann noch zum einen „The Sunbed Song“, bei dem Orgelklänge mit hohem Tempo die Hörer mitreißen und zum anderen das ungewöhnlicherweise akustische Stück „Don’t Bother Me“, das wieder einen wunderbaren Optimismus präsentiert.
TOP: Forever Now; Model Friend; Romance; The Sunbed Song; Don’t Bother Me
True Colours (1984) – 7,2/10: Gelungen!
Nach dem extremen Synthie-Sound des Vorgängers ging es endlich wieder bergauf. Und das sogar erstaunlich hart: Synthesizer und Drums fielen teilweise sehr laut aus gaben dem Album so einen sehr energetischen Klang. Besonders sticht das bei dem Opener „The Chant Has Begun“ und dem berühmten New Wave-Kracher „Hot Water“ heraus. Aber Level 42 sind ja schließlich bekannt dafür, dass es auf jedem Album auch immer wieder ruhigere Gegenpole gibt. Hier stechen auf der anderen Seite besonders das kühle „Kansas City Milkman“ und das exotisch anmutende „Kouyate“ hervor, wobei bei letzterem die Synthies eher als seichte Untermalung fungieren. Tanzbar ist auf dem Album vor allem „True Believers“, ansonsten hält sich das Album damit in Grenzen. Überflüssig ist vor allem „A Floating Life“, bei dem die Übergänge nicht so recht sitzen und auch die Pop-Ballade „Seven Days“ fällt sehr lahm aus. „Hours By The Window“ ist mit seiner beklemmenden Art eher Geschmackssache. Somit kann True Colours als respektable Leistung mit ein paar Ecken und Kanten angesehen werden.
TOP: The Chant Has Begun; Kansas City Milkman; Hot Water; True Believers; Kouyate
New York-London-Paris-Munich (M, 1979) – 7,4/10: Gelungen!
Ja, das Debutwerk von M… eine schwierige Bewertung, denn als 70er-Disco Album überzeugt es voll und ganz, für den geneigten Rockhörer ist das Album jedoch nicht so ganz leicht zugänglich. Zwar sind Level 42 auch immer darauf bedacht gewesen Musik zum Tanzen zu kreieren, so weit in den Bereich Disco gingen sie jedoch nie. Wirklich überzeugen kann aber in jedem Fall „Pop Muzik“, bei dem groovy Discomusik mit einem Hang zum kontrollierten Chaos ausgeschmückt wurde. Für „Moderne Man / Satisfy Your Lust“ hingegen wurde ein spaciger New Wave-Sound erstellt. Im Mittelpart gibt es dann jedoch ein paar Längen, wie die etwas steril-seelenlosen „Made in Munich“ und „Moonlight and Muzak“. Ausreißer nach unten bildet das kühle „Woman Make Man“, das mit seinem erotischen Touch eher abstößt. Zum Ende des Albums gibt es allerdings nochmal drei absolute Knaller: Mit „That’s the Way the Money Goes“ gibt es lockeren Reggae und „Cowboys and Indians“ ist ein ebenso flotter wie fröhlicher Dancetrack. Am Ende gibt es sogar noch Swing-Einflüsse auf „Unite Your Nations“, ein Stück was sehr an die Sparks erinnert.
TOP: Pop Muzik; Moderne Man / Satisfy Your Lust; That’s the Way the Money Goes; Cowboys and Indians; Unite Your Nations
World Machine (1985) – 8,2/10: Bester Stoff!
World Machine kann als das bedrückt-nachdenkliche Album der Band angesehen werden. Die Band wirkt oftmals gebrochen, aber nie kraftlos. Besonders im Vergleich zu den durchschnittlichen Vorgängern hat World Machine einen eigenen Charakter und ist ein wichtiger Wegbereiter für das Nachfolgealbum Running in the Family. Bei „Something About You“ und „Good Man in a Storm“ haben Level 42 den nachdenklichen New Wave für sich entdeckt. Bei „It’s Not The Same For Us“ sogar mit ungewohnten Orgelklängen. Im Verlauf des Albums wird jedoch ein Thema immer weiter in den Fokus gerückt: Das Ende einer Liebesbeziehung. „Leaving Me Now“ ist Schwermütigkeit à la Chicago und das bedrückende „Lying Still“ ein würdiger Schlusstrack. Die Musik klingt ehrlich und absolut unkitschig. Die Fakten werden akzeptiert, es wird keinen Illusionen mehr hinterhergelaufen. Aber nicht immer ist die Kost so schwer: Das Titelstück verspricht Feel-Good-Pop und „Physical Presence“ ist gewohnt lässig. Einzig der Power-Pop „Coup D’Etat“ wirkt auf dem sonst so tiefgründigen Album recht deplatziert.
TOP: World Machine; Physical Presence; Something About You; Leaving Me Now; Good Man in a Storm; Lying Still
Jive Shikisha! (M, 1984/1998) – 8,5/10: Bester Stoff!
Durch die schwierige Entstehungsgeschichte ist dieses Album leider in der Versenkung geendet. Völlig zu Unrecht! Denn Robin Scott schaffte es wie nie zuvor ein derart spannendes Machwerk vorzulegen und dabei in völlig neue Bereiche vorzudringen. Entstanden ist dieses Album 1984, als Scott gerade in Kenia war. Erschienen ist es jedoch wie der direkte Vorgänger erst 1998. Zwar gab es auf den Vorgängeralben bereits Annäherungen zur Weltmusik, doch hier traute sich Scott in die Vollen zu gehen und mit den Einheimischen (u.a. der Gesangsgruppe Shikisha) ein komplettes Album im neuen Stil anzufertigen. Mitunter wurden die traditionellen Klänge mit New Wave gekreuzt, was zu spannenden Stücken wie „War Dance“ und „Jive Shikisha“ führte. Anderes wie „Jolie Afrika“, „Talking Drums“ oder „Afrika“ verspricht eher Safari-Stimmung. Gerade diese Stücke oder auch „Crazy Zulu“ verbreiten eine wunderbare Unbeschwertheit. Im Verlauf wird sich jedoch auch dem Funk („Funky Mama“), Soul (Black Connection) oder reiner kenianischer Volksmusik (Massai Mara). Abzüge gibt es leider für die elektronischen Einflüsse auf „Jazz Connection“ und „Spiritual Man“. Auch der unschöne Remix von „Mama Afrika“ hätte nicht sein müssen. Neben ein paar soliden Stücken kann aber „Body Revolution“ nochmal deutlich überzeugen, so macht Discomusik auch Spaß! Die Schwächen gehen dementsprechend unter und fallen bei der Vielzahl an guten Stücken kaum ins Gewicht.
TOP: Crazy Zulu; War Dance; Jive Shikisha; Black Connection; Jolie Afrika; Funky Mama; Body Revolution; Afrika
The Pursuit of Accidents (1982) – 8,6/10: Bester Stoff!
Nachdem Level 42 ihr eigentliches Debutalbum 1982 veröffentlichten, legten sie noch im selben Jahr ihr nächstes Studiowerk hinterher. Ein Klarer Qualitätssprung: Auf The Pursuit of Accidents klingt die Band wieder souveräner und konnte auch kommerziell einen Erfolg einfahren (Platz #17 im UK!). Die Mischung aus Jazz-Funk und New Wave klappt nach wie vor sehr gut und bescherte Hits wie „Weave Your Spell“ und das fast gerappte „Last Chance“. Aber auch abseits der bekannten Pfade wird gewandert: „Eyes Waterfalling“ beginnt sehr düster und behält seine angespannte Stimmung bis zum Schluss, während „Shapeshifter“ mit seinem mysteriös-kühlen Klang wohl perfekt für eine Krimiserie wäre. Beides sehr ungewohnt, aber es funktioniert! Natürlich ist auch hier erneut ein längeres Instrumentalstück enthalten, in diesem Fall das Titelstück. Das fiel dieses Mal im Kontrast zum restlichen Album sehr seicht aus, punktet aber gerade dadurch ohne deplatziert zu wirken. Im Mittelteil gibt es leichte Abzüge durch die Single „Are You Hearing (What I Hear)?“ und „You Can’t Blame Louis“. Beide Stücke nähern sich zu stark dem Mainstream an und wären nicht nötig gewesen. Entschädigung bietet der Schlusstrack „The Chinese Way“. Dort wurde der bekannte Synth-Pop mit einer wunderbaren Abenteuerstimmung ergänzt – eine fantastische Kombination!
TOP: Weave Your Spell; The Pursuit of Accidents; Last Chance; Eyes Waterfalling; Shapeshifter; The Chinese Way
Level 42 (1981) – 9,1/10: Meisterwerk!
Es ist beachtlich mit was für einer Zielstrebigkeit beim Debut vorgegangen wurde. Jeder Schritt war wohlüberlegt und das Album geriet sehr stilsicher, es waren keine Experimente nötig. Seichter Jazz und Funk war angesagt – tanzbar, aber weit von der Discophase von M entfernt. „Love Games“ wurde zum ersten Hit und Liveklassiker der Band, auch wenn es auf dem Album deutlich Besseres zu entdecken gibt. Der Smooth Jazz von „Why Are You Leaving?“ hat deutlich mehr zu bieten, u.a. ein geniales Saxofon-Solo. Auch das geschmeidige „Turn It On“ hat im direkten Vergleich die Nase vorn. Auch der Closer „Starchild“ wurde als Single veröffentlicht und ist der Inbegriff von anspruchsvollem Pop mir verspielten Elementen. Ähnliches gilt für „Almost There“, das trotz seiner wechselnden Funk- und Synthie-Passagen das hohe Niveau des Albums nicht ganz halten kann. Besonders hervor sticht jedoch das Instrumentalkönnen der Band, denn insgesamt sind drei reine Instrumentaltracks enthalten. Zum einen wäre da das beschwingte „Heathrow“, dazu noch das mystisch anmutende „Dune Tune“. Besonders hervor sticht aber mit deutlichem Abstand „43“. Über sieben Minuten geht diese Klangreise, die stehts spielfreudig bleibt, aber immer wieder seichte Part bereithält.
TOP: Turn It On; 43; Why Are You Leaving?; Heathrow; Dune Tune; Starchild
Running in the Family (1987) – 9,8/10: Meisterwerk!
Running in the Family ist absoluter 80s-Overkill. Die Synthies, der Soul-Gesang, die Föhnfrisuren auf dem Cover – alles schreit so sehr nach dem damaligen Zeitgeist, dass sich das Album wie eine Zeitreise anfühlt. Nachdem sich das Vorgängeralbum World Machine etwas schwermütig anfühlte, geht es hier deutlich optimistischer zur Sache. Selbst emotionale Stücke wie „It’s Over“ sind weit von schwerer Kost entfernt. Der geistige Nachfolger von diesem Stück, „To Be With You Again“, fällt entsprechend noch hoffnungsvoller aus. „Lessons in Love“ wurde zum Radiohit und gehört zu den absoluten Klassikern des geschmeidigen Synth-Pops. Ebenso das Titelstück, das besonders im Refrain zum Mitsingen anregt. Sehr seicht, aber keineswegs langweilig ist „Children Say“ und auch „Two Sulitudes“ überzeugt mit ruhigen, fast balladesken Klängen. Bei letzterem Stück sticht vor allem das Akustik-Solo heraus. Mit „Fashion Fever“ wird allerdings auch tanzbare Musik beigesteuert, die einen schönen Kontrast zu den sonst eher radiotauglichen Liedern bildet. Einzig der Schlusstrack „The Sleepwalkers“ bleibt leider ziemlich blass. Aber sei es drum, Running in the Family ist ein wichtiges, wenn auch oft übersehenes Stück 80er-Musikgeschichte.
TOP: Lessons in Love; Children Say; Running in the Family; It’s Over; To Be With You Again; Two Solitudes; Fashion Fever
Level 42 Live
Zu Beginn ihrer Karriere waren Level 42 mit Livemitschnitten noch recht sparsam, einen ihrer besten Mitschnitte erfolgte jedoch schon 1985. Auf „A Physical Presence“ (Bester Stoff!) sind die großen Klassiker enthalten und wurden sehr smooth dargeboten. 2001 wurde mit „Live 2001 Reading UK“ (Bester Stoff!) auf selbem Niveau nachgelegt, teils sehr wild, aber nie überdreht. „Live At The Apollo, London“ (Gelungen!) kann das Niveau nicht ganz halten, da Überraschungen leider ausbleiben. Auf „Greatest Hits Live Tour“ (Zwiespältig!) verkaufte sich die Band aufgrund der schlechten Soundqualität unter ihrem Niveau. Noch schlimmer fiel das Live-Promoalbum „Retroglide Live 2006“ (Reinfall!) aus. Das Studiowerk hatte hauptsächlich schwache Songs zu bieten, diese wurden dann mit den Klassikern zusammen recht trostlos performt. „Live in Holland 2009“ (Gelungen!) und „Live – 30th Anniversary Concert“ (Gelungen!) haben eine tolle Soundqualität und die Band präsentiert sich sehr spielfreudig. Völlig daneben fiel hingegen „Sirens Tour Live“ (Reinfall!) aus. Hier wurde das Konzert mit Arena-Rock Synthie-Einlagen ausgeschmückt und damit völlig überladen.
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