Simon Fernandez Music Photographer @Flickr (CC BY 2.0 Deed)
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Bereits sehr früh Begangen die Geschwister Silvester (Sly), Freddie, Rose und Loretta zu musizieren, in ihren Kindertagen noch als Gospelquartett. Ab 1966 begangen die Geschwister (ohne Loretta, dafür mit Schwester Vet) als Sly and the Family Stone sich voll und ganz der Musik zu verschreiben. Zunächst noch mit klassischem Funk und Soul, später dann mit progressiven und psycheselischen Klängen. Mit der Zeit wagte sich Bandleader Sly auch mit seinen Texten immer weiter aus der Deckung und wurde mit seinen Texten sehr politisch und ließ die Family Stone zu einer Protestband werden, die auf ihrem Höhepunkt sogar beim legendären Woodstock-Festival spielte. Leider verfiel er nach und nach den Drogen und es kam wiederholt zu Fehlentscheidungen. Nachdem sich die Family Stone zunächst auflöste, wurde sie später mit fast gänzlich neuer Besetzung reaktiviert. 1987 war Stone gezwungen seine Karriere aufgrund seines Gesundheitszustandes zu beenden. Seitdem sind öffentliche Auftritte selten geworden, jedoch sorgte er mit seinem trockenen Humor und seinem Sinn für gut geplante Überraschungen u.a. in der Rock ’n‘ Roll Hall of Fame oder bei den Grammy Awards für denkwürdige Auftritte.
TOP 5 zum ersten reinhören:
Dance to the Music (1968, Dance to the Music)
Are You Ready (1968, Dance to the Music)
Everyday People (1969, Stand!)
I Want to Take You Higher (1969, Stand!)
If You Want Me to Stay (1973, Fresh)
I’m Back! Family & Friends, Sly Stone (2011) – 0,4/10: Reinfall!
Ein Album, das so gemischte Gefühle hervorruft, wie kaum ein anderes Machwerk von Stone. Zum einen war die Enttäuschung groß, dass der Großteil des Albums Neueinspielungen alter Stücke sind, zum anderen war die Freude groß endlich ein neues Album des Großmeisters nach 29 Jahren empfangen zu dürfen, für das einige weitere Legenden der Rockmusik gewonnen werden konnten. Sehr erschwerend ist, dass sich Stones Stimme im Laufe der Zeit sehr verschlimmert hatte und er bei weitem nicht so belebt auftreten konnte, wie das Cover suggeriert. Der Opener „Dance to the Music“ leidet sehr darunter, dass sich Ray Manzarek (The Doors) mit seiner Orgel in den Vordergrund drängt, wodurch das Stück sehr unausgeglichen wirkt. Das Instrumental von „Everyday People“ klingt billig und der Gesang von Stone ist hier kaum zu ertragen. Zumindest Gastsängerin Ann Wilson (Heart) kann hier punkten. „Family Affair“ geriet zwar solide, aber auch eher unspektakulär. Ebenso solide geriet „Stand!“, bei dem allerdings Ernie Watts (u.a. Frank Zappa, Glenn Frey) mit seiner Saxofon-Arbeit für Highlights sorgen konnte. Eine positive Überraschung wurde allerdings das funkige „Thank You“, was allerdings nicht Sly Stone, sondern Gastgitarrist Johnny Winter zu verdanken ist. Leider wurde „(I Want to Take You) Higher“ durch den fürchterlichen Gesang völlig verunstaltet. Da konnte auch Gitarren-Gott Jeff Beck nichts mehr retten. „Hot Fun in the Summertime“ wurde mit unnötigem Sprechgesang und Weichspüler-Instrumental ausgestattet, schlimmer wurde das Song seit der 1992er Version der Beach Boys nicht mehr interpretiert. Es folgte eine extended Version von „Dance to the Music“ danach die heiß ersehnten drei neuen Stücke von Stone. Auf „Plain Jane“ flirtete Stone mit modernen R&B Klängen, eine Entscheidung, die nach hinten losging. Die Neuinterpretation von „His Eye Is On The Sparrow“ ist zwar im groben solide, aber leidet unter missglückten Gesangspassagen. Der letzte Track „Get Away“ ist ruhig und modern gehalten. Nett, aber kein Muss. Insgesamt haben alle drei neuen Stücke nichts mehr mit der Original Family Stone zu tun. Die Bonusstücke der Deluxe Edition sind gänzlich zu vernachlässigen, da es sich lediglich um Dubstep- bzw. Dancefloor-Remixes handelt.
TOP: Thank You
Different Strokes by Different Folks (Tribute, 2005) – 0,7/10: Reinfall!
Das letzte Lebenszeichen aus dem Studio lag 23 Jahre zurück und Sly Stone verschwand zunehmend aus dem Fokus – wodurch sich diverse Künstler zusammenrauften, um der Original-Band ein zunächst Starbucks-exklusives Tribute-Album zu widmen. Ein ehrenvolles Unterfangen, das Endergebnis löst aber eher Stirnrunzeln aus. Zunächst: Warum musste Original-Material neu geremixt werden? Um zeitgemäß zu klingen? Um keine Gastmusiker finanzieren zu müssen? Darüber hinaus geriet die Scheibe fast gänzlich zu einem Hip-Hop-Album, was zu einem gewissen Maße durchaus Sinn gemacht hätte, da die Family Stone die Rapmusik so stark beeinflusst hat wie kaum eine andere Band. Doch statt alten Weggefährten oder stilistisch ähnlicheren Musikern wurde dieses Album hauptsächlich von aktuellen Pop-Größen wie will.i.am (Dance to the Music), Maroon 5 (Everyday People) oder Big Boi (Runnin‘ Away) einzuspielen. Steven Tyler und Robert Randolphs Version von „I Want to Take You Higher“ hätte zwar interessant werden können, jedoch geht jeder 60s Charme in modernen Beats unter. Einziger Lichtblick: die moderne Soul-Adaption von „You Can Make It If You Try“ von Buddy Guy und John Mayer (erstklassige Wahl!).
Heard Ya Missed Me, Well I’m Back (1976) – 2,8/10: Reinfall!
Wie heißt es so schön: Familie kann man sich nicht aussuchen. Das sollte auch Sly Stone erfahren, als er sich dazu entschied die Family Stone wiederzubeleben, mit fast komplett neuer Besetzung. Das so das ursprüngliche Bandgefühl gar nicht mehr vorhanden ist, hätte der Bandleader eigentlich vorher wissen müssen. Hinzu kommt noch das alberne Cover, das schon andeutet in welche Richtung dieses Album geht: Halbgare Songs, die weit fernab von der Ernsthaftigkeit vergangener Großtaten liegen. Der Titeltrack zeigt dies schon eindrucksvoller, als der Hörer es sich erhofft: zeitgenössischer Gute Laune-Pop, mit dem Ziel im Frühstücksradio den Tag zu begrüßen. „What Was I Thinkin‘ In My Head“ ist zwar grundsätzlich solider Funk, aber die Disco-Einflüsse passen überhaupt nicht. Bei „Nothing Less Than Happiness“ versuchte sich Stone mit einem emotionalen Blues, der an sich zwar gelingt, aber mit der Zeit zu beliebig wirkt. Ganz schlimm geriet „Sexy Situation“. Geplant war ein cooles Stück, das Stones lockere Seite zeigen sollte, heraus kam ein fürchterlich überladener Wirrwarr heraus, bei dem das Instrumental zu allem Überfluss auch noch völlig unfertig wirkt. Nach diesem Debakel heißt es aber tatsächlich einmal aufatmen: „Blessing in Disguise“ ist eine wunderbar emotionale Ballade, bei der die Streicher mal wieder wunderbar eingesetzt wurden. Nach dem Highlight des Albums, startet „Everything in You“ zwar vielversprechend, lässt jedoch schnell nach und wird viel zu unspektakulär. Eine solide Leistung ist „Mother is a Hippie“, ein zwar poppiges Stück, jedoch mit gelungenen Funk-Einflüssen. Mit „Let’s Be Together“ ist das wohl schlimmste Funk-Stück im Katalog der Family Stone erschienen, nicht zuletzt wegen dem teils völlig unpassenden Gesang. Schade, dass der Gastauftritt von Peter Frampton hier so verhunzt wurde. „The Thing“ macht mit seinem energetischen Start durchaus neugierig, jedoch kommen wieder die zeitgenössischen Disco-Einflüsse zum Vorschein. Abschluss dieses Trauerspiels ist das kraftvolle „Family Man“, das durch unnötige Pausen im Instrumental aber leider unangenehm ausgebremst wird.
TOP: Blessing in Disguise
Back on the Right Track (1979) – 3,3/10: Zwiespältig!
Back on the Right Track? Na ja, zumindest halbwegs. Der Titel zeigt jedoch ganz klar die Selbstüberschätzung, dieses kurze Machwerk (mit nicht mal einer halben Stunde Laufzeit Stones kürzeste Platte) ist zwar glücklicherweise eine klare Rückkehr zum Funk, jedoch an zu vielen Stellen nur Durschnitts-Ware. Positiv hervorzuheben ist aber definitiv der Opener „Remember Who You Are“, der zwar ruhig daherkommt, aber definitiv gut groovt. Auch das Titelstück geriet sehr geschmeidig und der Chor wurde wie zu besten Zeiten eingesetzt. Ab „If It’s Not Addin‘ Up….“ fällt das Niveau jedoch leider etwas ab. Zwar wurde das Stück mit einem guten Rhythmus ausgestattet, aber das gewisse etwas fehlt hier. „The Same Thing“ geriet zu seicht, das eigentliche Problem sind hier allerdings die unnötigen Stimmverzerrer. Schwer zu glauben, aber Stone erhoffte sich hiervon einen Single-Erfolg. Auf „Shine It On“ zeigten sich wieder die Gesangsqualitäten der Band, jedoch geriet das Instrumental hier zu unspektakulär. Bei dem soliden Funk-Stück „It Takes All Kinds“ geriet der Refrain leider etwas zu seicht. „Who’s to Say?“ ist zwar flott, aber leider konnte Stone erneut nicht die Finger von Disco-Sounds lassen, schade um die verschenkte Orgel. Den Abschluss bildet „Sheer Energy“, dass viel zu richtungslos geriet. Lediglich die Mundharmonika konnte hier überzeugen.
TOP: Remember Who You Are; Back on the Right Track
Ain’t but the One Way (1982) – 4,1/10: Zwiespältig!
Ein letztes Mal wurde versucht die Family Stone mit neuem Material am Leben zu halten. Das Ergebnis: ein verzweifelter Kraftakt. Stone war bereits viel zu tief im Drogensumpf versunken und zog sich fünf Jahre später immer weiter aus der Öffentlichkeit zurück. Obendrein verschenkte Stone die Chance aus dem Album eine Zusammenarbeit mit George Clinton zu machen, nachdem er selbst zuvor auf dem Funkadelic-Album „The Electric Spanking of War Babies“ mitwirkte. Die Zeiten hatten sich geändert und der Funk wurde langsam, aber sicher von Größen wie Prince dominiert, daher versuchte sich Stone ein moderneres 80er Gewand überzustülpen, was teilweise sogar gut funktionieren sollte. Eingeleitet wird das Album von den zwar fröhlichen und an sich soliden, jedoch auch ziemlich beliebigen „L.O.V.I.N.U.“ und „One Way“. „Ha Ha, Hee Hee“ glänzt zwar durch ein großartig geschmeidiges Instrumental, jedoch wurde das Stück mit teils dämlichen Textpassagen gestraft („Ha Ha, Hee Hee, What is so funny?“). Mit „Hobo Ken“ bewies Stone jedoch nochmal, dass er durchaus noch alte Songwriter Qualitäten besitzt: ein großartiges Orgel-Intro, dazu ein ausdrucksstarker Gesang, der von Bläsern unterstützt wird. Das eigentliche Highlight ist jedoch das erstaunlich rockige „Who in the Funk Do You Think You Are“, bei dem der moderne 80er Funk wunderbar zur Geltung kommt. Coverversionen waren bei Stone immer eine Seltenheit, und doch ist mit „You Really Got Me“ eine gelungene Neuinterpretation im Funk-Genre entstanden. „Sylvester“ bildet ein kleines Kuriosum, denn es handelt sich um eine minimalistische Ballade – fast im Sprechgesang – die nur sehr dezent mit Orgelklängen untermalt wurde. Erschwerend für dieses Album ist die Tatsache, dass einige Stücke nicht neu eingespielt wurden, sondern lediglich alte Outtakes und Demos sind. So auch die letzten beiden Tracks: „We Can Do It“ ist zwar durchaus belebt, jedoch unausgereift, was sich in erster Linie an den mediokren Bläsern zeigt. Auch „High, Y’all“ wirkt halbfertig und wurde zu allem Überfluss noch mit einem unnötigem Selbstzitat eingeleitet.
Auch wenn es deutlich schlimmer hätte kommen können, dieses Album ist kein würdiger Abschied für eine Legende wie Sly Stone.
TOP: Hobo Ken; Who in the Funk Do You Think You Are; You Really Got Me
A Whole New Thing (1967) – 5,2/10: Gelungen!
Auf ihrem Debüt tat sich die Family Stone (damals noch ohne Schwester Rose Stone) noch etwas schwer, obwohl bereits zu erkennen ist, welche Richtung die Band einschlagen wollte. Dies ist auch das einzige Album der Gruppe, das ohne Overdubbing, also live im Studio eingespielt wurde. Der Opener „Underdog“ ist definitiv ein guter Start, das flotte Soulstück arbeitet hervorragend mit Spannungselementen. Das langsamere „If This Room Could Talk“ hingegen wurde etwas zu zahnlos. Das Instrumental hält sich zu sehr zurück und auch der Gesang gerät leider zu zahm. Mit „Run, Run, Run“ ist auch zum ersten Mal eine Ode an die Toleranz enthalten, doch leider ist der Rock ‚n‘ Roll Rhythmus viel zu hektisch. Einen schnellen Rhythmus besitzt auch „Turn Me Loose“, wobei es auf diesem von Bläsern getragenen Soulstück deutlich besser funktioniert. „Let Me Hear It From You“ ist hingegen ein ruhiger Gegenpol, der mit dem verhältnismäßig tiefen Gesang nett anzuhören ist. „Advice“ ist definitiv ausdrucksstark und das Instrumental reißt den Hörer mit, jedoch fängt der „Yeah-Chor“ schnell an zu nerven. Beim Midtempo-Stück „I Cannot Make It“ wurde der Chor wesentlich besser eingesetzt. Erste psychedelische Gehversuche wurden ebenfalls schon unternommen, jedoch ging der Versuch mit „Trip to Your Heart“ leider in die Hose, da das Stück viel zu durcheinander wirkt. Bei „I Hate to Love Her“ wurden hingegen nur psychedelische Elemente verwendet, die mit dem erneut tiefen Gesang eine deutlich seichtere Kost ergeben. Auf „Bad Risk“ machten sich erneut die Rock ‚n‘ Roll Wurzeln bemerkbar. Mit den energetischen Funk-Vocals gehört der Track zu den Highlights des Albums. Mit „That Kind of Person“ setzt man nochmal auf ein langsameres Stück, bevor man mit „Dog“ nochmal deutlich überrascht. Das Stück könnte glatt aus der Hochphase der Band stammen. Der abwechselnde Gesang und der mitreißende Rhythmus zeigen deutlich mit wie viel Leidenschaft an dieses Album eingespielt wurde. Trotz deutlichen Schwächen konnte die Band dieses Album als kleinen Erfolg verzeichnen, der als Sprungbrett für noch größere Taten dienen sollte.
TOP: Underdog; Turn Me Loose; Bad Risk; Dog
Small Talk (1974) – 5,8/10: Gelungen!
Nach drei Alben der Extraklasse wurden die Risse im Gefüge immer größer. Die Kreativität lies nach, die Drogenexzesse wurden dafür umso größer. Die eigentliche Band fand sich hier zum letzten Mal zusammen und wurde merklich von Sid Page an der Geige unterstützt. Ein gewöhnungsbedürftiges Stilmittel. Das Titelstück geht runter wie Öl, nicht zuletzt durch die geniale Orgel. Jedoch leidet das Stück sehr stark unter dem eingefügten Baby-Gebrabbel. „Say You Will“ ist da schon eher zu empfehlen. Hier setzte die Band auf ruhigeren Funk, der sehr eingängig daherkommt. „Mother Beautiful“ ist etwas unspektakulär, hat aber einen starken Gesang. Das gefühlvolle „Time For Livin‘“ ist die wohl größte Überraschung auf diesem Album: Das Zusammenspiel von Sly und Little Sister funktionierte selten so gelungen wie hier. Auf dem ruhigen Soulstück „Can’t Strain My Brain“, ist die Geige sehr deutlich im Vordergrund und will nicht so recht zünden. Es hätte wohl mehr Tracks wie das lebendige „Loose Booty“ gebraucht, hier ist der gewohnte Funk der Band zu hören und trotzdem gibt es genug Alleinstellungsmerkmale. Stattdessen folgen beliebige und halbgare Stücke wie der Funk von „Holdin‘ On“ oder die Streicherballade „Wishful Thinkin‘“. Die Geigeneinflüsse sollten aber erst bei „Better Thee Than Me“ am schlimmsten werden. Der an sich gute Gesang geht in der Beliebigkeit des Instrumentals leider dadurch völlig unter. Absoluter Tiefpunkt des Albums sollte „Livin‘ While I’m Livin‘ werden. Das Stück geriet viel zu hektisch, um irgendeinen Wiedererkennungswert zu erlangen. Wer das Album bis zum Ende durchzieht, wird mit „This Is Love“ nochmal richtig überrascht. Mit seiner Mixtur aus Chorgesang, Geige und Klavier ist das Lied zwar alles andere als typisch für die Family Stone, aber die verträumte Melodie hat ihren ganz eigenen Charme. Nach diesem Album sollte sich die Lage der Band noch weiter verschlimmern, nicht zuletzt durch das leidige Thema Drogen. Zwar konnte die Band mit diesem Album nicht so recht an die vergangenen Alben anknüpfen, aber einige gelungene Überraschungen sorgten doch noch für eine Daseinsberechtigung dieses Machwerks.
TOP: Say You Will; Time For Livin‘; Loose Booty; This Is Love
Dance to the Music (1968) – 7,1/10: Gelungen!
Auf dem zweiten Album gab es einige gravierende Veränderungen. Rose Stone schloss sich der Band an, der musikalische Stil bewegte sich stärker in Richtung frühen Funk (wodurch sich die Platte einen stärkeren Fokus auf Tanzmusik legt) und viel wichtiger: die Band veröffentlichte mit dem Titellied ihre erste große Hitsingle! Mit so viel Lebensfreude und energetischem Spiel konnte „Dance to the Music“ auch nur ein Erfolg werden. „Higher“ wurde auf „Stand!“ nochmal als „I Want to Take You Higher“ neu aufgelegt. Leider nicht ohne Grund, denn die Version auf diesem Album glänzt zwar mit Jazzeinflüssen, jedoch nimmt das abghackte Instrumental dem Stück jegliche Eingängigkeit. Gelungen ist hingegen „I Ain’t Got Nobody (For Real)“, insbesondere durch die geniale Orgel und den flotten Rhythmus. Mit „Dance to the Medley“ traute sich die Band an ein über 12-minütiges Stück, bei dem die einzelnen Parts „Music is Alive“, „Dance In“ und „Music Lover“ dieses Medleys nahtlos ineinander übergehen. Teilweise erstaunlich rockig präsentiert die Band hier alle ihre Stärken, von Acapella bis zu Bläser- und Orgel-Soli. Die nachfolgenden Stücke „Ride the Rhythm“ und „Color Me True“ sind zwar für sich solide und sind mit Biss gespielt, jedoch gibt es aufgrund von fehlenden eingängigen Melodien kaum Wiedererkennungswert. Der Weg, der auf kommenden Alben eingeschlagen werden sollte, wird mit „Are You Ready“ deutlich angekündigt: Protest gegen Rassismus, vorgetragen mit energetischem Gesang. Auf diesem Stück findet sich auch das vielleicht bekannteste Zitat Sly Stones: „Don’t hate the black, don’t hate the white, if you get bit, just hate the bite.“
Bei „Don’t Burn Baby“ sind zwar die Reggae-Einflüsse spannend zu hören, jedoch ist das Stück insgesamt zu richtungslos. Zum Abschluss gibt es mit „I’ll Never Fall in Love Again“ ein verhältnismäßig ruhiges Stück, das von Freddie Stones tiefen Gesang getragen wird.
Auch wenn die Klasse der folgenden Alben noch nicht erreicht war, der Grundstein der Band war mit dem zweiten Album gelegt.
TOP: Dance to the Music; I Ain’t Got Nobody (For Real); Dance to the Medley; Are You Ready
Greatest Hits (1970) – Bester Stoff!
Unter zahlreichen Best Ofs sticht vor allem der erste Long Player heraus. Neben Highlights der Frühphase wie „Dance to the Music“ oder „Life“ waren natürlich auch die zu dem Zeitpunkt aktuellen Hits wie „Stand!“ oder „Everyday People“ enthalten. Das eigentliche Kaufargument sind allerdings die zwei non-album-Singles „Hot Fun in the Summertime“, der definitiv eine sommerliche Atmosphäre verbreitet und „Thank You“, dessen funkiger Rhythmus durch einen starken Chorgesang noch unterstrichen wird.
High on You (1975) – 8,3/10: Bester Stoff!
Die eigentliche Family Stone hatte sich aufgelöst – folgerichtig war es Zeit für ein Solo-Album. Dabei ist der Begriff Solo-Album hier nicht gänzlich angebracht: mit Gitarristen-Bruder Freddie, Saxofonist Jerry Martini, Trompeterin Cynthia Robinson und dem Backgroundgesangs-Trio Little Sister waren noch einige Originalmitglieder auf diesem Album vertreten. Stone entschied sich auf diesem Album für zeitgemäße Klänge, die mit dem Sound seiner Hippie-Zeit nur noch wenig zu tun hatten. Der flotte Opener „I Get High On You“ zeigt das schon sehr deutlich und setzt den Fokus auf Orgelklänge. Energetisch ist ebenfalls „Crossword Puzzle“, auf dem Stone schon fast flehend singt. Die seichte Liebesballade „That’s Lovin‘ You“ fällt dazu im Verhältnis etwas ab. „Who Do You Love?“ geriet zum belebten Funk, durchaus solide, aber leider ohne bleibenden Eindruck. Eher ungewöhnlich sind Instrumentals auf Alben von Stone, hier ist mit „Green Eyed Monster Girl“ allerdings ein sehr gelungenes Exemplar vorhanden, bei dem die Orgel quasi den Gesang von Stone übernimmt. Auf „Organize“ ist der kraftvolle Gesang wieder vorhanden, der hier eine wunderbare Symbiose mit dem langsameren Rhythmus eingeht. Was man sich bei „Le Lo Li“ gedacht hat, bleibt jedoch ein Rätsel. Das Disco-Stück wirkt auf dem sonst sehr gelungenen Album eher deplatziert. Mit „My World“ versuchte sich Stone nochmals als Balladensänger, ebenfalls sehr erfolgreich. Im Gegensatz zum Vorgängeralbum hatte Stone hier den richtigen Riecher für Streichereinsätze. „So Good to Me“ groovt wunderbar, nicht zuletzt wegen der genialen Basslinie. Die verzerrten Gitarrenklänge geben noch zusätzliche Akzente. Garniert wird dieses Album zum Schluss noch mit „Greed“. Ebenso eingängig, wie auch spielfreudig, wie der Hörer es sich von der Family Stone erhofft!
TOP: I Get High On You; Crossword Puzzle; Green Eyed Monster Girl; Organize; My World; So Good to Me
Life (1968) – 8,7/10: Bester Stoff!
Zwar war Life im Gegensatz zu seinem Vorgänger „Dance to the Music“ nicht besonders kommerziell erfolgreich, jedoch fanden Sly und seine Mitstreiter hier den musikalischen Stil, der ab diesem Album prägend sein sollte. Zwei große lyrische Themen auf diesem Album sind Groupies und Liebesbeziehungen allgemein. Bereits auf dem Funk-Rock-Opener „Dynamite!“ wird das im Text deutlich. In ganz ähnlicher Form kommt das energetische „Chicken“ daher, bei dem sich die Sänger passagenweise abwechseln. Mit „Plastic Jim“ ist sogar ein Beatles-Tribute enthalten. Zwar nicht ganz Beatles-typisch, aber die Spielfreude ist auf dem von Bläsern getragenen Soulstück definitiv zu spüren. Auch der Anteil an Liedern mit Toleranzbotschaft hat sich vergrößert. Das locker-unbeschwerte „Fun“ ist dafür ein gutes Beispiel. Auch das cool gespielte „Into My Own Thing“ zeigt mit langsameren Rhythmen seine Qualitäten. „Harmony“ zeigt erneut den Spirit der Hippie-Ära, in diesem Fall in Form eines flotten Tanzstücks. Der Rhythmus groovt und der Gesang reißt einfach mit. Das Titelstück schließt sich diesem Hippie-Traum an und glänzt in erster Linie durch seinen Chorgesang. Auf dem energetischen Funktrack „Love City“ läuft Greg Errico zu Höchstform auf. Seine Schlagzeug-Arbeit ist auf diesem Stück unvergleichlich! Im Verhältnis fällt „I’m an Animal“ leider etwas ab, da es durch seinen etwas zu langsamen Rhythmus und den nicht ganz gelungenen Chorgesang zu beliebig wurde. Dafür wird der Hörer zum Schluss mit dem lebensfrohen und sehr eingängigen „M’Lady“ sowie dem sehr kraftvollen und für die Family Stone eher untypisch schwer gespielten „Jane is a Groupee“ entschädigt. Mit Life lieferte die Gruppe ihr erstes großes Statement.
TOP: Dynamite!; Chicken; Harmony; Life; Love City; M’Lady
There’s a Riot Goin‘ On (1971) – 9,6/10: Meisterwerk!
Ein in jeder erdenklichen Sichtweise ein außergewöhnliches Album. Schon der Titel ist ein Kuriosum: Ursprünglich war als Albumtitel „Africa Talks to You“ lauten. Nachdem Marvin Gaye im selben Jahr sein Meisterwerk „What’s Going On“ veröffentlichte, bestand Sly Stone den Albumtitel in eine Antwort auf eben jenes Album abzuändern. Das Titelstück ist eine viersekündige Stille, als Statement, dass Sly Stone keine Gewalt und Auseinandersetzungen aufgrund von unterschiedlichen Meinungen wollte. Des Weiteren gab es einen erneuten Stilwechsel, statt dem lebensfrohen Sound der Hippie-Ära versuchte sich die Family Stone an einem düsteren Sound, jedoch mit dem gewohnten Esprit im Gesang. Zum Mitsingen ist dieses Album jedoch kaum geeignet, da der Gesang verrauschter und verfremdeter klingt, als bei seinen Vorgängeralben. Der Opener „Luv N‘ Haigh“ zeigt das schon sehr deutlich. Flotter Funk gepaart mit Stones nun verfremdeten Gesang. Im Kontrast dazu gelingt der Band mit „Just Like a Baby“ ein ruhiges und gefühlvolles Soulstück, das mindestens genauso gut funktioniert. Eine Sternstunde von Stones lyrischen Fähigkeiten markiert „Poet“. Sehr tiefgründig und mit einer Neuen musikalischen Vorliebe von Stone: elektrische Pianos. „Family Affair“ sollte zu der erfolgreichsten Single der Band werden und das ganz zurecht: Das Zusammenspiel aus elektrischen Sounds und dem ruhigen Gesang schafft eine einzigartig düstere Atmosphäre. Im Gegenzug setzt der Midtempo-Funk „Africa Talks to You (The Asphalt Jungle)“ auf einen kräftigen Chorgesang. Gleiches gilt für das grundsätzlich starke „Brave & Strong“, dem es jedoch ein wenig an dem gewissen etwas fehlt. Sehr interessant ist hingegen „(You Caught Me) Smilin‘“. In diesem groovigen Track wechseln sich Soul- und Funk-Passagen ab und sorgen so für ein einzigartiges Songerlebnis. Eher ungewöhnlich, jedoch definitiv zu empfehlen ist auch „Time“, ein, trotz Stones kraftvollen Vocals, ruhiges und nachdenkliches Stück, bei dem die psychedelischen Elemente wieder zum Vorschein kommen. Psychedelisch geht es auch bei „Spaced Cowboy“ zu. Das Stück sticht vor allem durch seine hohen Gesangseinlagen heraus. „Runnin‘ Away“ sollte ebenfalls ein Erfolg als Single werden (#23 in den USA), was in erster Linie dem eingängigen Rhythmus und dem für das Album verhältnismäßig klarem Gesang zu schulden ist. Den Abschluss bildet das etwas langsamere „Thank You for Talkin‘ to Me, Africa“. Auf über 7 Minuten wechseln sich hier aggressive Gesangspassagen mit ruhigem Instrumentalparts ab. Mit diesem Album gelang der Band der Sprung in die 70er ohne dabei ihre Fans der alten Hippie-Tage zu vergraulen.
TOP: Luv N‘ Haight; Just Like a Baby; Poet; Family Affair; (You Caught Me) Smilin‘; Time; Runnin‘ Away
Fresh (1973) – 9,8/10: Meisterwerk!
Erste Risse zeigten sich in der Band. Drummer Gregg Errico war nicht mehr mit von der Partie und damit war der Anstoß zu den ersten Neubesetzungen gesetzt. Wirkte sich das negativ auf die Musik aus? Mitnichten! Fresh wurde zum dritten Meisterwerk in Folge. Erneut ließ sich die Band um Silvester Stewart auf neue Stile und musikalische Experimente ein, was zu einem Album der Extraklasse geführt hat. Beim geschmeidigen Opener „In Time“ halten sich Stones ausdrucksstarker Gesang und das fetzige Instrumental sehr schön die Waagschale. Gerüchten zufolge war Miles Davies so begeistert von diesem Stück, dass er es seiner Band eine halbe Stunde in Dauerschleife vorspielte (Jedoch ist das sehr umstritten). „If You Want Me to Stay“ wurde zu einem großen Single-Erfolg. Besonders heraus stechen der geschmeidige Gesang und die geniale Bass-Linie. Beim Funktrack „Let Me Have It All“ wird ruhig angesetzt, jedoch wird das Stück mit der Zeit immer kraftvoller. „Frisky“ gelang ebenfalls eine größere Bekanntheit. Der Fokus liegt auf einem ruhigeren Rhythmus, jedoch gibt es immer wieder energetische Spitzen. Ebenso genial ist der Funk-Gospel „Thankful n‘ Thoughtful“. Der bläsergetragene und sehr flotte Funk „Skin I’m In“ gehört ebenfalls zu den Highlights des Albums. Auf „I Don’t Know (Satisfaction)“ läuft Stone zu gesanglichen Höchstleistungen auf und garniert diese durch leichte psychedelische Einflüsse. Unerwarteterweise gibt es mit „Keep On Dancin‘“ auch eine durchaus solide Fortsetzung zu „Dance to the Music“. An die Klasse des Originals kommt der Song jedoch nicht ganz heran. Gelungener ist da das Doris Day-Cover „Qué Será, Será“ aus dem Hitchcock-Klassiker „Der Mann, der zuviel wusste“, hier in Form einer Soul-Ballade. Eher groovy wird es dann bei „If It Were Left Up to Me“, bei dem die Band wieder auf ihre Qualitäten beim Chorgesang setzt. Das Album wird mit „Babies Makin‘ Babies“ perfekt abgeschlossen. Zum Abschluss gibt es nochmal locker beschwingten Funk, der Lebensfreude zeigt.
TOP: In Time; If You Want Me to Stay; Let Me Have It All; Thankful n‘ Thoughtful; Skin I’m In; I Don’t Know (Satisfaction); Qué Será, Será; If It Were Left Up to Me; Babies Makin‘ Babies
Stand! (1969) – 9,9/10: Meisterwerk!
1969 ist das wahrscheinlich bedeutendste Jahr für die Family Stone. Beim Woodstock-Festival hatte die Band ihr größtes Konzert und nur kurze Zeit vorher wurde ihr erfolgreichstes Album veröffentlicht. Doch nicht nur aus kommerzieller Sicht war das Album eine Höchstleistung. Die von Prostest geprägten Texte waren so tiefgründig wie zuvor nur selten und die Musik im Allgemeinen so experimentell und psychedelisch, wie es sich die Band zuvor nie getraut hatte. Bereits der Titeltrack ist für sich ein Meisterwerk. Textlich geht es darum zu seinen Werten zu stehen und diese falls nötig zu verteidigen, dabei wird die Selbstbewusstseins-Message sehr energetisch rübergebracht. Deutlich wütender ist der Protest bei „Don’t Call Me Nigger, Whitey“. Stone besingt hier glaubwürdig, wie sich Rassismus immer weiter ausbreitet und durch Gegenseitigkeit noch weiter verstärkt wird, während psychedelische Klänge eine trance-artige Stimmung verbreiten. Apropos trance-artig: das Remake von „Higher“, das hier als „I Want to Take You Higher“ herauskam, übertrifft seinen Vorgänger durch die Erweiterung von psychedelischen Elementen um Welten. Der abwechselnde Gesang, der in einem Chor endet, sorgt für eine kaum vergleichbare Stimmung. Ruhiger und geschmeidiger ist hingegen „Somebody’s Watching You“. Statt Protest und Psychedelic setzte die Band hier auf einen Rhythmus, der gut groovt und geschmeidige Orgelklänge. Auch „Sing a Simple Song“ ist eher unbeschwert, jedoch durchaus kraftvoll. Der Gesang sticht hier besonders heraus! Die Single „Everyday People“ wurde zum ersten Nummer Eins Hit der Band. Zurecht: Die Ode an die Toleranz reißt den Hörer mit ihrem Wechsel von ruhigen und belebteren Passagen mit und bleibt dabei immer sehr locker gespielt. Eine gänzlich neue Richtung ging die Family Stone mit dem über 13,5-minütigen „Sex Machine“. Über diesen Zeitraum hinweg wechselt die Band zwischen schnellen, teilweise leider etwas zu hektischen und ruhigeren Passagen. Herausragend sind hier besonders die Schlagzeugarbeit und die schon fast surreal klingenden Soundelemente, mit denen das Stück ausgeschmückt wurde. Ein Stück in dieser Länge ging die Band danach nie wieder an. Garniert wird dieses Album mit dem Mutmacher-Stück „You Can Make It If You Try“. Dicht am Funk, wurde dieses Lied sehr lebensfroh eingespielt. Ein Album ohne wirkliche Schwachpunkte!
TOP: Stand!; Don’t Call Me Nigger, Whitey; I Want to Take You Higher; Somebody’s Watching You; Sing a Simple Song; Everyday People; You Can Make It If You Try
Sly and the Family Stone Live
Trotz ihrer Qualitäten als Liveband und zahlreichen Auftritten zu ihren Besten Zeiten, sollte es bis in die 2010er Jahre dauern, bis Livealben der Family Stone erschienen. 2015 erschien das wohl legendärste Konzert der Band auf „Live at the Fillmore East October 4th & 5th 1968“ (Meisterwerk!), bei dem Material aus vier verschiedenen Auftritten verwendet wurden. Die Band präsentiert ihre frühen Lieder sehr energetisch und spielfreudig, teilweise sogar kraftvoller als die Studio-Versionen! Natürlich wurde auch der Auftritt auf dem Woodstock Festival veröffentlicht (2019). Auf „Woodstock: Sunday August 17, 1969“ (Gelungen!) finden sich zum Großteil neu interpretierte Versionen alter Klassiker, meistens etwas flotter als die Originale. Leider lässt dort die Soundqualität oftmals zu wünschen übrig. 2021 erschien mit „Music For The Human Race!“ (Gelungen!) ein Mitschnitt eines sieben Lieder umfassenden Radioauftritts, den die Band 1970 in den Niederlanden gab. Die Band setzte die Band auf Orgelklänge, dazu zeigte man sich sehr interpretierfreudig. Zu schade, dass die Tonqualität mit der Zeit nachlässt und damit das Rauschen immer stärker wird. Ein wahrer Geheimtipp ist die Live-Radioübertragung „Kirshners Rock Concert 1973“ (Bester Stoff!), die 2022 veröffentlicht wurde. Stilistisch dicht am „Fresh“-Album und Stone lief mit seinem Gesang zu absoluten Höchstleistungen auf.
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