Ranked: Killing Joke

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Rosario López @Flickr (CC BY 2.0 Deed)
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Viele Bands haben spannende stilistische Wandlungen zu verzeichnen, aber bei Killing Joke ist es nochmal besonders ungewöhnlich: Angefangen als Post-Punk Band ging die Reise über den New Wave zum Industrial Metal und schließlich zum Gothic Rock. Der Mut zum ständigen Wandel machte sich immer wieder bezahlt, genau wie die politischen, mitunter sarkastischen Texte. Auch wenn die Band nie den Legendenstatus erreichte, sahen viele große Musiker die Band als Vorbild, u.a. Metallica, Nine Inch Nails, Nirvana oder auch Helmet. Neben den vielen Höhenflügen der Band gab es jedoch viele Rückschläge, vor allem in den letzten Jahren. Bassist Paul Raven starb 2007, Gitarrist Geordie Walker 2023.

TOP 5 zum ersten Reinhören:
Requiem (1980, Killing Joke)
Let’s All Go (To The Fire Dances) (1983, Fire Dances)
Love Like Blood (1985, Night Time)
Eighties (1985, Night Time)
America (1988, Outside the Gate)

Outside the Gate (1988) – 2,3/10: Reinfall!
Fangen wir mal mit dem positiven an: „America“ ist eine wunderbar schmissige Single, die in Puncto Bissigkeit mit „Eighties“ locker mithalten kann. Kommen wir nun zum Rest. Nach dem ersten Track verliert sich das Album in einem absoluten Trauerspiel. Coleman’s Gesang klingt über weite Strecken wie andere unter der Dusche trällern: emotional, aber völlig selbstüberschätzt. Das mag zum Großteil der Tatsache geschuldet sein, dass Coleman das Album eigentlich als Solo-Projekt geplant hatte. Diesem Umstand geschuldet, klingen Gesang und Instrumental sehr separiert und verlaufen teils in ganz verschiedenen Takten (besonders schlimm: „My Love of This Land“). Auf dem Papier klingen viele Song-Ideen erstmal nicht schlecht, denn zumindest traute sich die Band mal wieder sich etwas weiter vom New Wave zu entfernen. In der Praxis gibt es allerdings neben unpassendem Dadaismus („The Calling“) auch bemühte Lässigkeit („Outside the Gate“) und schiere Langeweile („Unto The Ends Of The Earth“). Von den peinlichen Rap-Versuchen auf „Tiahuanaco“ mal ganz zu schweigen. Mit etwas Augenzudrücken könnte man höchstens noch den Industrial-New Wave „Stay One Jump Ahead“ durchgehen lassen, sonst sind keine Lichtblicke vertreten.
TOP: America

Democracy (1996) – 3,3/10: Zwiespältig!
In den 90ern wurden Killing Joke zunehmend zu einem Pulverfass, aber Democracy war am Ende der Funke der der Auflösung führte. Bassist Youth durfte sich im Studio beim Abmischen und Editieren austoben und schuf damit einen über weite Strecken anstrengenden Klang. Statt Industrial geht es nun in einen unsauberen Noise-Rock – dabei dann mit Einflüssen von bis. Gerade in der ersten Hälfte fällt das sehr negativ auf. Stücke wie „Savage Freedom“, „Lanterns“ oder auch das Titelstück leiden unter dem unsauberen, viel zu zusammengewürfelten Klang. Und wäre das nicht schon genug, neigt die Band dazu in ihren Mustern repetitiv zu werden. Eine verschenkte Chance ist an der Stelle „Intellect“, das zwar ein mitreißendes Instrumental hat, aber unter seinem sinnbefreiten Text leidet (Insgesamt 17x Kiss my intellect goodbye und 18x Don’t Pull Me). Damit schlittert das Album haarscharf an der Kategorie Reinfall vorbei, aber ein paar Stücke retten das Album dann doch noch. Zum einen schafft es „Prozac People“ gleichermaßen kühl wie bedrohlich zu klingen, zum anderen bleibt das temporeiche „Medicine Wheel“ bis zum Ende spannend. Als Schlusstrack darf sich dann „Another Bloody Election“ als wütender Punkrock noch beweisen. Ein ganzes Album können diese Stücke aber beileibe nicht tragen.
TOP: Prozac People; Medicine Wheel; Another Bloody Election

Brighter Than a Thousand Suns (1986) – 4,5/10: Zwiespältig!
Nach dem überragenden Night Time waren Killing Joke etwas ratlos wie es weitergehen sollte. Man entschied sich noch weiter in Richtung New Wave zu gehen, um so noch mehr Publikum zu bekommen. Das Ergebnis: Ein halbgares Werk, das man am besten mit „streckenweise ganz okay“ beschreiben kann. Das basslastige „Adorations“ und das nachdenkliche „Sanity“ sind zwei durchaus gelungene Singles und zum Ende überzeugen durch einen schönen Mystery-Touch auch „Wintergardens“ und „Rubicon“. Dazwischen wartet jedoch sehr viel krampfhaft massentaugliche Massenware. „Twilight Of The Mortal“ und „Love of the Masses“ muten zum Teil leicht spirituell an, sind aber viel zu seicht. „A Southern Sky“ ist bemüht und viel zu vorhersehbar. Noch übler ist nur das unfertig klingende „Chessboards“. So schlagfertig die Briten bis dato auch wirkten, umso fehlgeleiteter klangen sie auf diesem mediokren Machwerk. Daher: lieber die Perlen raussuchen und den Rest ignorieren.
TOP: Adorations; Sanity; Rubicon

Absolute Dissent (2010) – 4,7/10: Zwiespältig!
Killing Joke erfanden sich seit jeher immer wieder neu und gaben ihren Alben so eine ganz eigene Identität. Auf Absolute Dissent ging der Schuss allerdings etwas nach hinten los. Stilistisch gab es viele Anleihen beim Alternative Rock und Post-Grunge, was allerdings nur bedingt gut klappte. Viele Stücke klingen uninspiriert oder gar deplatziert. „Honour the Fire“ beispielsweise klingt wie ein Nickelback-Verschnitt. „In Excelsis“ oder auch „The Great Cull“ sind durch ihre dröge Art schlicht unnötig. Neben viel Durchschnittsware gibt es aber auch den einen oder anderen Track zu entdecken. „The Raven King“ hat zumindest eine interessante futuristische Note durch den verfremdeten Gesang, während „Ghosts of Ladbroke Grove“ mysteriöse Klänge mit dem gewohnten Industrial-Sound kombiniert. Und auch wenn „Here Comes the Singularity“ sehr poppig ist, gehört es zu den gelungenen Stücken des Albums. Bei der kühlen Single „European Super State“ traute sich die Band in den Bereich des Industrial-Dances. Besonders gelungen ist auch das aggressive „This World Hell“. Neben diesen Highlights gibt es viel Alternative Rock-Füllware wie dem Titelstück oder „Endgame“. Diese lassen sich im Prinzip wie das Album selbst beschrieben: Ganz nett, aber keine große Lücke in der Sammlung.
TOP: European Super State; This World Hell; Ghosts of Ladbroke Grove

Revelations (1982) – 5,9/10: Gelungen!
Nach den beiden starken Vorgängern kam eine kleine Verschnaufpause. Revelations kann das hohe Niveau nicht halten und die Stücke gerieten ins Hit-and-miss Prinzip. Nichtsdestotrotz schaffte die Band es im UK vom Geheimtipp zum Chartstürmer und landeten trotz dem nicht massentauglichen Sound auf Platz 12 der Charts. Mit dem „Empire Song“ schafften sie es sogar in die Sendung Top of the Pops und das, obwohl es deutlich inspiriertere Stücke auf dem Album gibt. Der chaotische Punkrocker „We Have Joy“ oder das düstere „Chop Chop“ (skandalöses Single-Cover!) hätten sich viel besser angeboten. Ebenso bewiesen Killing Joke dass sie eine angespannte Stimmung wunderbar aufrecht erhalten können, wie auf „Chapter Three“ oder „Dregs“. An anderer Stelle klingt das Ganze jedoch sehr bemüht und eher gut gemeint als gut gekonnt. „Have a Nice Day“ ist einfach nur anstrengend und „Land of Milk And Honey“ viel zu gehetzt. Im Harten Kontrast dazu passiert bei „Good Samaritan“ fast gar nichts und bleibt damit eine minimalistische Schnarchnummer. Gerade die zweite Hälfte tut sich teilweise sehr schwer brauchbares Material zu liefern. Damit bleibt es ein umstrittenes Werk, das dennoch seine Momente hat.
TOP: We Have Joy; Chop Chop; The Pandys Are Coming; Chapter Three; Dregs

MMXXII (2012) – 6,1/10: Gelungen!
Passend für den für 2012 angekündigten Weltuntergang, veröffentlichten Killing Joke den dazugehörigen Soundtrack. Um die richtige Stimmung zu erzeugen wurde der Industrial-Sound mit Sci-Fi Elementen ausgeschmückt. Erneut wurde auf eine Mischung aus langsameren, bedrohlicheren und schnelleren, sehr harten Stücken gesetzt. Ironischerweise passt die einzige Single „In Cythera“ zu keiner der beiden Kategorien und geriet sehr poppig, für Killing Joke sogar eher handzahm. Sonst geht es aber ordentlich zur Sache, „Fema Camp“ und „Primobile“ bahnen in nihilistischer Weise eine starke Anspannung an, während „Rapture“ und „Glitch“ mit aller Härte den Soundtrack für eine futuristische Schlacht liefern. Im Falle von „Pole Shift“ wird sogar gekonnt beides in einem Song verpackt! Vieles davon klingt vertraut, aber vor allem „Colony Collapse“ orientiert sich stark am modernen Industrial. Ungeahnte Einflüsse hat auch „Corporate Elect“, das dicht am Alternative Rock liegt. Das Rad wurde damit nicht neu erfunden, aber das Album hat dennoch eine eigene Identität und verfügt bis auf das viel zu repetitive „Trance“ über keine schwachen Tracks.
TOP: Pole Shift; Fema Camp; Rapture; Corporate Elect; On All Hallow’s Eve

Hosannas from the Basements of Hell (2006) – 6,4/10: Gelungen!
Nach dem großen Erfolg des Vorgänger-Albums, setzten Killing Joke genauso hart, wenn auch nicht ganz so originell nach. Die Stücke gerieten deutlich länger und konnten die Spannung nicht durchgängig halten. Insgesamt betrachtet kann das Album aber als Erfolg verzeichnet werden. Der moderne Industrial-Sound funktioniert nach wie vor und brachte Perlen wie das basslastige „Walking with Gods“ oder das angespannte „Judas Goat“ (Geniales Riff!). Eine sehr erfreuliche Überraschung ist „This Tribal Antidote“, bei dem das Riff wieder stark an die New Wave-Zeit erinnert, auch wenn der Klang natürlich deutlich härter ist. Abzüge gibt es leider bei dem repetitiven Titelstück und „The Lightbringer“, die zwar beide samt stark anfangen, aber mit der Zeit anstrengend werden. Auch „Implosion“ bleibt eher schwach. Pluspunkte sammeln allerdings das langsamere und im Verhältnis kühlere „Gratitude“ und das eigentliche Highlight des Albums: „Invocation“. Das Stück ist zum größtenteils instrumental und hat Einflüsse aus der Klassik, nicht zuletzt durch die Streicher. Ein zu Unrecht viel zu übersehenes Stück der Band!
TOP: The Tribal Antidote; Invocation; Walking With Gods; Judas Goat

Pylon (2015) – 6,9/10: Gelungen!
Für das bislang letzte Studioalbum entschieden sich die Band erneut an ihrem Stil zu feilen. Der Sound klingt hier deutlich moderner, um nicht zu sagen glattgeleckter. Das ist jedoch keineswegs etwas schlechtes, sondern eher ein weiterer Beweis für die Wandlungsfähigkeit der Band. Für einige Stücke ließ Coleman seine Stimme elektronisch verfremden und sorgte so für zusätzliche Akzente. Die neuen Ideen taten dem Album gut, auch wenn es in der zweiten Hälfte einige Schwächen entwickelt. Coleman betitelte das Album als einen Rückblick auf die Zeit des Kalten Krieges. In dieser Kombination aus neuem Sound und spannendem Überthema entstanden reichlich großartige Lieder, wie das gar albtraumhafte „Dawn Of The Hive“, dem New Wave-nahen „Euphoria“ (bedrückend, trotz flottem Tempo!) oder auch „Into The Unknown“, das durch eine angespannte Aufbruchstimmung besticht. „New Cold War“ und „I Am The Virus“ gerieten selbst für KJ-Verhältnisse sehr bissig. Darüber hinaus gibt es noch die Industrial-Kracher „Autonomous Zone“ und „New Jerusalem“. Schade, dass sich daneben auch so banale Stücke wie der beliebige Spacerocker „Big Buzz“, das unspektakuläre „War On Freedom“ und das recht langatmige „Delete“ befinden. Dennoch nach 35 Jahren Bandgeschichte eine respektable Leistung!
TOP: Autonomous Zone; Dawn Of The Hive; New Cold War; Euphoria; New Jerusalem; I Am The Virus

Fire Dances (1983) – 7,2/10: Gelungen!
Fire Dances markiert einen wichtigen Einschnitt. Industrial-Klänge sind so gut wie keine mehr da, dafür probierten sich Killing Joke im aufkeimenden Gothic Rock. Wie man eine angespannte Stimmung erzeugt wusste die Band bereits, dieses Mal kamen zusätzlich noch okkulte Akzente hinzu. Zwar war das neue Konzept noch nicht vollends ausgereift, aber Stücke wie „Fun And Games“, „Rejuvenation“ oder „Lust Almighty“ liefern eine gar albtraumhafte Stimmung. Bei letzterem wäre jedoch etwas mehr Abwechslung schön gewesen. Zwischendurch wird es dann mit „Harlequin“ und „Feast Of Blaze“ wieder etwas zugänglicher und eingängiger. Die eigentlichen Highlights sind aber zum einen das funky „Dominator“, bei dem die Band ihr Gespür für gute Bass-Riffs abermals bewies und natürlich die Hit-Single „Let’s All Go (To The Fire Dances)“. Neben den bedrohlichen Sounds, ließen Killing Joke auch Einflüsse aus dem New Wave zu und schufen damit den Grundstein für die Nachfolgenden Alben. Allgemein kann man das Werk am besten als Übergangswerk beschreiben.
TOP: Fun And Games; Rejuvenation; Frenzy; Harlequin; Dominator; Let’s All Go (To The Fire Dances)

Killing Joke (2003) – 7,3/10: Gelungen!
Nachdem sich die Band 2002 wieder zusammenfand, wurde direkt an einem neuen Studiowerk gearbeitet. Einziges Problem: Ein Drummer fehlte. Dass sich ein würdiger Kandidat finden würde, war bei einer Band dieses Formats keine Frage, doch dass sich ausgerechnet Dave Grohl (Nirvana, Foo Fighters) bereit erklärte hätte wohl keiner Gedacht. Grohl stand bei diesem Album vor der großen Herausforderung das Schlagzeug zu einem sonst komplett aufgenommenen Album beizusteuern, was er jedoch sehr souverän meisterte. Thematisch geht es auf diesem Album um den amerikanischen Imperialismus, der auf das Schärfste kritisiert wird.  Dabei wird die Waagschale zwischen Gothic Rock und Industrial Metal stehts ausgeglichen. Viele Stücke zeigen sehr offen die Wut über die amerikanische Politik wie z.B. „The Death & Resurrection Show“, „Blood on Your Hands“ oder „Seeing Red“. Anderes geriet schwerer wie „You’ll Never Get To Me“ (Etwas beliebig und ein harter Kontrast zwischen dem harten Gesang und dem ruhigerem Instrumental) oder gar in den Doom-Bereich, wie „Dark Forces“. Geschmackssache bleibt dabei auch die Single „Loose Cannon“, das sich bei modernen Hip-Hop Rhythmen bedient. Mit diesem Album gelang der Band ein Bilderbuch-Comeback und ein das vielleicht bissigste Werk ihrer Karriere.
TOP: The Death & Resurrection Show; Total Invasion; Implant; Blood On Your Hands; Seeing Red

Killing Joke (1980) – 8,5/10: Bester Stoff!
Die Reise der Band beginnt mit sehr starken Einflüssen der klassischen Punk-Zeit, die mit Noise-Sounds versehen wurde. Vorstellbar wie eine Mischung aus den Sex Pistols und den Nine Inch Nails. Zu der Zeit revolutionär, ein vergleichbarer Stil existierte zu dem Zeitpunkt noch nicht und mit ihrem Debut legte die Band den Grundstein für einen Großteil der späteren Industrial- und Grunge-Szene. Wie bei ihren großen Punk-Vorbildern fiel der Gesang oft sehr schön dreckig aus und der britische Akzent ist deutlich hörbar. Dennoch wurde nicht davor zurückgeschreckt den Gesang durch Soundeffekte zu verfremden, wie beim ebenso simplen wie genialen „Wardance“. Aber auch das Instrumental wurde mit diversen Effekten und Synthesizern verziert, besonders beim vor sich hin schlurfenden „Requiem“ oder dem Instrumental „Bloodsport“. Die Stücke bekamen so zusätzlich eine futuristische Note. Zwischendurch geht es dann mit dem Protestrocker „The Wait“ fast gänzlich zum klassischen Punk über und mit „S.O.36“ gar in bedrohlich avantgardistische Klänge.
TOP: Requiem; Wardance; Bloodsport; The Wait; S.O.36; Primitive

Extremities, Dirt and Various Repressed Emotions (1990) – 8,8/10: Bester Stoff!
Nachdem Killing Joke Ende der 80er schwächelten, begannen sie die 90er mit neuer Energie und frischem Wind. Es gab zwar eine Rückkehr zu den Punkwurzeln, die den New Wave Sound ablöste, jedoch wurde diese durch moderne Sounds ausgeschmückt. Damit absolut zeitgemäß aber auch Album für die Fans der Anfangszeit. Interessant ist auch dass der Fokus auf fünf bis sieben-minütigen Stücken lag (bis auf das Instrumental „Kaliyuga“). Die Band konnte endlich wieder mehrere Klassiker auf einem Album veröffentlichen. Dazu gehört neben dem düsteren Gothic-Punkrock „Money Is Not Our God“, auch das ebenso düstere und schwere „The Beautiful Dead“. Zuweilen driftet das Album gar in den Hardcore-Punk ab, wie auf „Age Of Greed“, „Slipstream“ und „Struggle“. Eine sehr willkommene Abwechslung! Streitig sind da eher die avantgardistischen Einflüsse auf „Inside The Termite Mound“ oder „North of The Border“. Ganz will sich das nicht ins Album einfügen, aber trotzdem ist es schön zu sehen dass sich die Band nicht auf den bisherigen Erfolgskonzepten ausruht. Ein absolutes Highlight und Geheimtipp ist noch „Solitude“. Das Stück klingt wie der Stoff aus dem Albträume gemacht sind. Im Falle von Killing Joke ein Ritterschlag!
TOP: Money is Not Our God; Age Of Greed; The Beautiful Dead; Intravenous; Solitude; North Of The Border; Slipstream; Struggle

What’s THIS For…! (1981) – 9,0/10: Meisterwerk!
Im direkten Vergleich zum Vorgänger trauten sich Killing Joke nun noch weiter aus der Deckung und legten an Experimentierfreude noch weiter zu. Die Noise-Einflüsse wurden stärker und die Melodien noch ausgefallener. Ebenso experimentell wie lärmig gerieten Stücke wie „The Fall of Because“, „Who Told You?“ oder auch „Butcher“. Bei „Madness“ artet das Instrumental zum Ende hin gar völlig im Chaos aus. Bei einem so düsteren Album eine durchaus sinnige Idee, denn die düsteren, politischen Texte ergänzen sich mit den harten Industrial-Klängen perfekt. Mit dieser Kombination gelang der Band auch der erste kleinere Charterfolg: die Single „Follow the Leaders“ schaffte es in den UK-CHarts auf Platz 55 und in den US Hot Dance Club Songs sogar auf Platz 25. Damit war es auch der einzige potenzielle Kandidat des Albums, denn „Follow the Leaders“ ist von allen Stücken noch am eingängigsten. Dabei bleibt es aber eigenwillig genug, um die Fans der Band nicht zu vergraulen. Für Überraschungen sorgen noch das unheimliche und mit sehr starken Drums ausgestattete „Unspeakable“ und „Exit“, das wieder ganz stark zu den Punkwurzeln zurückgeht. Der Mut zum Ausweiten der musikalischen Grenzen machte sich bezahlt.
TOP: The Fall of Because; Unspeakable; Butcher; Follow the Leaders; Madness; Who Told You?; Exit

Pandemonium (1994) – 9,8/10: Meisterwerk!
Pandemonium markiert den Zeitpunkt, an dem vom New Wave gar nichts mehr zu spüren ist. Stattdessen kann Killing Joke hier als reine Heavy Metal Band angesehen werden – zur Freude der Fans mit klarer Industrial-Stilrichtung. Das funktionierte auch beachtlich gut und nach den nächsten Besetzungswechseln wollte Coleman sich auch stilistisch erneut verändern. Aufgenommen wurde das Album teilweise in der königlichen Grabkammer der Cheops-Pyramide und passend dazu gibt es immer wieder Anleihen zur arabischen Musik (Auch wenn das offizielle Statement der Band, dass es sich um ein Konzeptalbum über arabische Musik handelt, übertrieben ist). Besonders deutlich werden diese Einflüsse allerdings auf dem kühlen Titeltrack oder dem düsteren „Communion“. Beides Stücke, bei denen die ungewohnte Härte sofort auffällt. Während sich auf „Exorcism“ oder „Pleasures Of The Flesh“ noch den klassischen Mitteln bedient wird, kommen ungewohnt moderne Klänge á la Nine Inch Nails auf Liedern wie dem aggressiven „Whiteout“ oder dem Industrial-Dancerock „Mathematics Of Chaos“ zum Einsatz. Völlig neue Facetten, die aber wunderbar zu der düsteren Atmosphäre von Killing Joke passen. Ebenfalls neu sind die verzweifelten Klänge durch den fast flehenden Gesang von Jazman, der in Kombination mit den Moll-Akkorden zu Gänsehaut führt. Ganz besonders wird das bei „Labyrinth“ und „Jana“ deutlich.
TOP: Pandemonium; Exorcism; Millenium; Communion; Labyrinth; Whiteout; Pleasures Of The Flesh; Mathematics Of Chaos

Night Time (1985) – 9,9/10: Meisterwerk!
Auf dem fünften Studiowerk überbot die Band nochmal alles, was sie bis dato erreicht hatten. Ein Klassiker reiht sich an den anderen und das sowohl für die Fans der Frühphase wie auch für die Neueinsteiger. Der Stil sollte sich deutlich in Richtung New Wave bewegen, dabei jedoch die neugewonnenen Gothic-Einflüsse präsent miteinbinden. Diese Mischung aus Pop und Härte verschaffte der Band einen ihrer größten Hits: „Eighties“, eine flotte und bissige Politsatire. Aber auch ein Song der eher seichten, zuweilen sehnsüchtigen Art sollte ein Charterfolg werden: „Love Like Blood“. Auf anderen Stücken präsentierte sich die Band dann wieder sehr lässig, wie bei dem Dancerocker „Darkness Before Dawn“ oder dem Nightlife-haften „Multitudes“. Bei einigen Stücken ist es schon wirklich schade dass sie keinen größeren Bekanntheitsgrad erreicht haben. Dazu zählen definitiv der düstere Titeltrack wie auch der eingängige New Wave „Europe“. Erfolgreich, wenn auch von dem Erfolg der anderen beiden Singles etwas überschattet, ist auch das gleichermaßen angespannte wie eingängige „Kings And Queens“. Besonders freuen können sich die Fans der alten Industrial-Tage bei dem harten „Tabazan“. Viele Einflüsse also und dennoch nicht zusammengewürfelt. Ein schmaler Grat, den die Briten geradezu mühelos beschritten!
TOP: Night Time; Darkness Before Dawn; Love Like Blood; Kings And Queens; Tabazan; Multitudes; Europe; Eighties

Killing Joke Live
Im Laufe ihrer Schaffensphase schufen Killing Joke mehr Live- als Studio-Alben, von denen der überwiegende Teil sehr gelungen ist. Gerade in den letzten Jahren sammelten sich viele Livemitschnitte an.  Aber bereits 1982 veröffentlichten sie mit „Ha“ (Bester Stoff!) ein düsteres Livewerk, das den ersten Studiowerken sehr stark ähnelt. 1995 veröffentlichte die BBC den Mitschnitt „BBC in Concert“ (Gelungen!), der zwar audiotechnisch großartig ist, aber auch eine Band zeigt, die sich unter Wert verkauft. Deutlich lohnenswerter ist da das 2005er „XXV Gathering“ (Meisterwerk!). Die Band tritt deutlich aggressiver auf und interpretiert Stücke aus allen Schaffensphasen im damaligen Sound. 2008 wurde auch der Mitschnitt aus den Peel-Sessions veröffentlicht. „Peel Sessions 1979-1981“ (Bester Stoff!) zeigt die Band in ihrer Anfangszeit voller Elan und in einem rohen, teils spontanen Sound. „Down by The River“ (Zwiespältig!) von 2011 hat hingegen eine teils maue Audioqualität, bei der auch die gute Songauswahl nichts mehr nützt. Das 2016er „The Great Gathering“ (Gelungen!) könnte man am besten mit ganz okay beschreiben. Es sind reichlich Klassiker vorhanden, die weder ergänzt noch neu interpretiert werden. Nett, aber nicht essenziell. Eine Sternstunde des Livewerks wurde auf „Total Invasion – Live in the USA“ (Bester Stoff!) von 2021 festgehalten. Selten klang die Band dermaßen motiviert! Eigentlich ein klarer Fall für die Kategorie Meisterwerk, aber leider sorgt die Soundqualität für Abzüge.

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